In jungen Jahren habe ich mir moralische Urteile über Menschen angemaßt, die ich für dumm hielt. Jugendliche Arroganz! Ich habe mich furchtbar aufgeregt oder habe sogar versucht, mit ihnen zu diskutieren. Aber mit dummen Menschen zu diskutieren ist so befriedigend, wie in einem trüben Tümpel einen glitschigen Karpfen mit einem Bratenheber fangen zu wollen.
Heute bin ich klüger. Wenn ich etwas so richtig saudummes höre, setze ich etwas noch dümmeres hinzu, hole mir eine Tüte Popcorn, lehne mich entspannt zurück und schaue mir an, was als nächstes passiert.
Zum Beispiel hat es mich früher wahnsinnig aufgeregt, wenn so ein tapezierter Knochen in Konfektionsgröße 36 über ihren konkaven Bauch strich und seufzte: "Ich bin voll die fette Sau geworden." Als wäre es nicht dumm genug, solche Sprüche überhaupt abzusondern - es in meiner Gegenwart zu tun, ist einfach eine Unverschämtheit! Denn wenn jemand, der so viel wiegt, wie mein rechter Oberschenkel mir noch erzählen will, er sei eine fette Sau, frage ich mich, was ich dann wohl sein soll? Bin ich beleidigt? Nein. Für solche Fälle habe ich immer einen absurden Ratschlag für ein geheimes Schlankheitsmittel parat. Jetzt würde sich ein intelligenter Mensch fragen: Warum sollte ich Schlankheitstips von einer Frau annehmen, die mindestens Konfektionsgröße 40 trägt? Wenn diese Methode so gut ist, warum ist sie dann nicht dünner? Aber scheinbar wirkt sich kalorienarme Ernährung auch irgendwie auf das Intellekt aus, denn ich erlebe häufig, dass meine völlig absurden Ratschläge tatsächlich befolgt werden - im wahrsten Sinne des Wortes: bis zum Erbrechen.
Ist das gemein? Aber klar! Aber für jemanden, der meinen rechten Oberschenkel indirekt als "voll die fette Sau" bezeichnet, eine mehr als angemessene Strafe!
Wenn jemand nicht nur dumm, sondern auch unverschämt ist, setze ich noch einen drauf. Ich warte, bis die Dame mit vergrämtem Gesicht vor einem dressingfreien Salatteller sitzt und die Blätter nach Form und Farbe sortiert. Ich setze mich daneben und bestelle mir eine riesige, fettriefende, duftende Pizza und stelle sicher, dass meine Tischnachbarin auch ja mitbekommt, wie mein Käse Fäden zieht und mir das Fett vom Kinn tropft. Und ich lasse ihr keine Chance, auch nur das kleinste Eckchen übriggebliebener Köstlichkeit zu ergattern. Denn mein Magen hat einen Keller UND einen Dachboden!